
Am 8. März 2024, dem internationalen Frauentag, kam es in Stendal zu einem Vorfall, der die Debatte um Sexismus in der Polizei neu anfachte. Im Rahmen einer Polizeiveranstaltung wurde der Film „In guten Händen“ gezeigt, der die Erfindung des Vibrators thematisiert. Die Reaktionen auf diesen Film waren heftig. Mehrere Beamtinnen verließen empört die Veranstaltung, was zu einer Diskussion im Landtag führte. SPD-Politiker Erben forderte, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Rechnungshofpräsident Kay Barthel hob die Notwendigkeit von höchsten Sorgfalts- und Kontrollpflichten im Umgang mit Waffen und Munition hervor, um die Sicherheit der Bediensteten zu gewährleisten. Diese Vorfälle machen deutlich, dass die Polizei in Deutschland dringend an ihren internen Strukturen und dem Umgang mit genderbezogenen Themen arbeiten muss, wie MDR berichtet.
Der zunehmende Anteil von Frauen bei der Polizei hat dazu geführt, dass die dunklen Schattenseiten des Berufs sichtbarer werden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat daher eine Arbeitsgruppe gegründet, die den Schutz weiblicher Polizeibeamter verbessern soll. Sibylle Krause, Sprecherin der Arbeitsgruppe, bezeichnet die Polizei als von einem „ernsthaften Sexismus-Problem“ betroffen. Erniedrigende Sprache gegenüber Frauen sei mittlerweile Teil des Dienstalltags, und eine problematische Hierarchie sowie der hohe Männeranteil unter den Vorgesetzten erschwerten die Situation zusätzlich.
Strukturen des Sexismus
Berichte zeigen, dass immer mehr Frauen für eine Karriere bei der Polizei entscheiden. Trotzdem sind sie häufig Demütigungen und Übergriffen ihrer männlichen Kollegen ausgesetzt. Diese toxische Arbeitsumgebung führt dazu, dass viele Frauen sich nicht trauen, offen über ihre Erfahrungen zu sprechen; oft geschieht dies nur anonym. Der Frauenanteil in der Polizei ist zwar gestiegen – von 20 % im Jahr 2000 auf 29,3 % im Jahr 2019 – doch Frauen in Führungspositionen sind weiterhin stark unterrepräsentiert. Gemischte Teams werden von der Bevölkerung jedoch positiv wahrgenommen.
Sibylle Krause führt aus, dass der hohe Stress in der Polizei oft unangemessene Kommentare und Gesten auslöst. In einer exklusiven Umfrage wurde ermittelt, dass sexistische Kommentare am Arbeitsplatz häufig vorkommen. Die Dunkelziffer sexueller Belästigung wird als hoch eingeschätzt. Um dem entgegenzuwirken, fordert die GdP einen Arbeitsplatz ohne sexualisierte Gewalt und konsequente Sanktionen gegen Täter und deren schweigende Vorgesetzte, wie n-tv berichtet.
Forderungen nach Veränderung
Eine zentrale Forderung von Amnesty International besteht in der Einführung unabhängiger Ermittlungseinrichtungen für Polizeibeamte. Diese sollen es ermöglichen, Fehlverhalten ohne Nachteile anzuzeigen. Zudem wird eine wissenschaftliche Forschung zur Polizei gefordert, um das Dunkelfeld besser zu verstehen. Die GdP hat eine neue Arbeitsgruppe mit dem Namen „Respect me, too“ ins Leben gerufen, die sich ebenfalls mit dem Thema Sexismus auseinandersetzt.
Die Strukturen innerhalb der Polizei und der Korpsgeist unter Polizisten sind zentrale Hindernisse für Veränderungen. Das Melden von Vorfällen wird oft als Nestbeschmutzung betrachtet. Sexuelle Gewalt, die mit verbalen Übergriffen beginnt, kann in vielen Fällen körperlich eskalieren. Der Einfluss von sozialen Medien und Deutschrap wirkt sich zusätzlich auf das sexistische Verhalten junger Kollegen aus. Ein aktueller Fall aus Baden-Württemberg zeigt, dass der höchste Polizist des Bundeslandes wegen sexueller Belästigung vor Gericht steht. All diese Aspekte verdeutlichen, dass die Polizei in Deutschland vor großen Herausforderungen steht, die nicht ignoriert werden dürfen, um ein sicheres und respektvolles Arbeitsumfeld zu gewährleisten.