
Zu den bedeutendsten Entdeckungen in der Archäologie gehört die Untersuchung der Glockenbecherkultur, die sich ab etwa 2500 v. Chr. inselartig in Europa ausbreitete. Dies wurde kürzlich durch Ausgrabungen in der Gemeinde Förderstedt, Sachsen-Anhalt, belegt. Archäologen fanden dort Grabstätten, die wichtige Hinweise auf die Bestattungsriten und Lebensweisen dieser Kultur liefern. So trugen Männer zum Beispiel eine steinerne Armschutzplatte aus gotländischem Sandstein, die den Unterarm vor der zurückschnellenden Bogensehne schützen sollte, während in einem anderen Grab zwei Pfeilspitzen im Rückenbereich einer auf der linken Körperseite liegenden Person entdeckt wurden. Eine Bodenverfärbung deutete sogar auf einen vergangenen Köcher aus organischem Material hin, eine besonders seltene Funde, wie MDR berichtet.
Ein weiteres Highlight der Funde in Förderstedt war ein Glockenbecher, ein typisches Keramikgefäß dieser Kultur. Diese Becher waren nicht nur als Trinkgefäße, sondern auch als Grabbeigaben von Bedeutung. Grabstätten der Glockenbecherkultur waren meist geschlechtsspezifisch: Frauen wurden auf der rechten Körperseite mit dem Kopf im Süden bestattet, während Männer auf der linken Seite mit dem Kopf nach Norden lagen. Der Blick der Verstorbenen war stets nach Osten gerichtet. Beliebte Grabbeigaben umfassten Keramikgefäße sowie Gegenstände wie Pfeilspitzen, Armschutzplatten und manchmal sogar Schmuck, was auf unterschiedliche gesellschaftliche Stellungen innerhalb der Kultur hinweist.
Wichtige Bestattungsriten und Funde
Die Bestattung eines ca. 35 bis 50 Jahre alten Mannes in Apfelstädt, Thüringen, zeigt, dass die Glockenbecherkultur auch reichhaltige Grabbeigaben kannte. Dieser verstorbene Mann war in guter Konstitution und hatte schwere Verletzungen überstanden. Zu den Funden gehörten zwei Lockenringe aus Elektron, die als die ältesten Edelmetallfunde Thüringens gelten und als Erstnachweis solcher Ringe in Deutschland zu werten sind. Dies und andere Funde deuten darauf hin, dass der Mann eine ausgeprägt reiche und ungewöhnliche Ausstattung hatte, möglicherweise beleuchtet durch Kontakte in den Südosten Europas Academia.edu.
Die Analyse der Grabbeigaben und Bestattungsarten gibt Aufschluss über die sozialen Strukturen innerhalb der Glockenbecherkultur. Grabkammern aus Holz oder – in älteren Bestattungen – auch Stein, wie sie in Melzow entdeckt wurden, zeigen die Vielfalt der Bestattungspraktiken zu dieser Zeit. Die Entdeckung von verschiedenen Grabformen, von Blockkammern zu Steinrahmengräbern, zeugt von regionalen Unterschieden und Entwicklungstendenzen innerhalb der Kultur.
Kulturelle Einflüsse und genetische Analysen
Die Glockenbecherkultur kann als eine kulturelle Reaktion auf die Migration von Steppenhirten aus Osteuropa angesehen werden, die im frühen 3. Jahrtausend v. Chr. in Mitteleuropa ankamen. Diese Einwanderung führte zu einer Vermischung der Kulturen. Genetische Analysen von Skelettresten aus Glockenbecher-Gräbern haben gezeigt, dass sich diese Steppenhirten mit einheimischen Frauen vermischten. Diese umfangreiche Untersuchung des Erbguts ist eine der bedeutendsten ihrer Art, die dabei hilft, das Migrationsmuster der damaligen Zeit besser zu verstehen. Der Archäologie-Professor Philipp Stockhammer betont, dass der Einfluss der Landwirtschaft auf die Lebensweise und der Austausch neuer Ideen zur Verbreitung der Glockenbecherkultur wesentlich beitrugen Deutschlandfunk.
Die Glockenbecherkultur bereitete demnach den Weg für bedeutende Entwicklungen, darunter den Wissenstransfer über Metallverarbeitung. Dies korreliert mit dem Aufkommen der Bronzezeit, wobei die Verfügbarkeit von Zinnvorkommen in Regionen wie Cornwall, England, entscheidend für die Entwicklung war. So bleibt die Glockenbecherkultur nicht nur ein faszinierendes Thema der Archäologie, sondern auch ein Schlüssel zum Verständnis frühgeschichtlicher Entwicklungen in Mitteleuropa.