
Mit der Amtseinführung von Karsten Wolkenhauer als Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalt am 29. März 2025 betritt ein neuer Akteur die Bühne einer kleinen, aber traditionsreichen Institution. Wolkenhauer, der im Westharz aufwuchs und Theologie studierte, bringt einen vielfältigen Hintergrund mit. Vor seinem Wechsel in den Gemeindedienst arbeitete er als Unternehmens- und Personalberater und war zuletzt in einer Berliner Gemeinde tätig.
Die Landeskirche Anhalt, die als die kleinste evangelische Kirche in Deutschland gilt, hat gegenwärtig rund 25.000 Mitglieder. Diese Zahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken, und Wolkenhauer berichtet, dass die Mitgliederzahl nun sogar unter 24.000 gefallen ist. Diese Entwicklungen sind nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance, da die Kirche dank ihrer geringen Größe schnellere, agile Entscheidungen treffen kann. „Anhalt hat die Möglichkeit, nah an den Menschen zu sein“, so Wolkenhauer.
Herausforderungen und Chancen
Die Landeskirche sieht sich mit einer Reihe von Schwierigkeiten konfrontiert. Der Mangel an Ehrenamtlichen, insbesondere für die Gremien, sowie die finanziellen Engpässe der diakonischen Werke stellen ernsthafte Probleme dar. Die Kündigung des Rahmenvertrags für die Wiedereingliederungshilfe durch das Land Sachsen-Anhalt verschärft die Situation zusätzlich. Wolkenhauer ist sich bewusst, dass die Zusammenarbeit mit der Caritas und anderen Organisationen essentiell ist, um diesen Herausforderungen zu begegnen. „Wir müssen kreative Lösungen finden“, betont er in Bezug auf die Erhaltung der Kirchengebäude, deren jährlicher Unterhalt schätzungsweise 5,4 Millionen Euro kostet.
Der Trend zur Fusion unter evangelischen Landeskirchen hat aktuell abgenommen. Stattdessen zielt die Landeskirche Anhalt auf Kooperationen ab, vor allem in administrativen Bereichen wie IT, Datenschutz und Personalverwaltung. Wolkenhauer sieht Potential für eine enger Zusammenarbeit zwischen den Kirchenkreisen und plant für das Jahr 2025, eine gemeinsame Perspektive zu entwickeln.
Gesellschaftlicher Kontext
Die Entwicklungen innerhalb der Evangelischen Landeskirche Anhalt sind nicht losgelöst von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die kirchliche Bindung in Deutschland hat stark abgenommen, was sich in bundesweiten Mitgliederschwund zeigt. Der demographischen Wandel, der Anstieg von Kirchenaustritten und sinkende Taufzahlen sind dabei die Hauptfaktoren, die die Situation der Kirche betreffen. Besonders in Ostdeutschland, wo die religiöse Bindung aufgrund historischer und politischer Einflüsse, wie der Zeit der DDR, weniger ausgeprägt ist, hat die Kirche mit einem stetigen Bedeutungsverlust zu kämpfen, was auch Wolkenhauer nicht entgeht.
Wolkenhauer hat die Bedingungen der Kirchengemeinden in Ostdeutschland während seiner bisherigen Tätigkeit im Kirchenkreis Demmin kennengelernt. Er plant, die Eigenständigkeit der Gemeinden in Anhalt zu respektieren und dabei zugleich die Stärken der Landeskirche zu nutzen, um auf die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein.
In Anhalt verbleiben jedoch nicht nur Herausforderungen, sondern auch Möglichkeiten. Wolkenhauer strebt an, die Erfahrungen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu integrieren und sieht das Lernen von den freikirchlichen Strukturen als zukunftsweisend an. Die nächsten Schritte unter seiner Ägide werden entscheidend dafür sein, wie sich die kirchliche Landschaft in Anhalt und darüber hinaus weiterentwickeln wird.